Wenn ich diesen Thread lese, stelle ich fest, dass viele zu kurz springen.
Dass man "alles umsonst halben will" haben diese Dienste doch gefördert. Mit Speck fängt man Mäuse! Es war doch nicht zuerst der User, der nach kostenlos geschriehen hat, sondern der Dienst, der mit kostenlos geworben hat!
Ein anderer Aspekt ist das "Fakten schaffen". In den USA hat man ein deutlich anderes Verständnis von Datenschutz als in Europa. Wenn irgendwann mal eine EU-Verordnung in Kraft tritt, sagen sie Dienste einfach: "OK, dann manchen wir für Europa zu". Was meint Ihr, was dann für ein Aufschrei kommen wird!?
Es gibt doch mittlerweile einen sozialen Druck: "Wie Du bist nicht bei SchülerVZ/Facebook/StudiVZ/Stayfriends/Xing/LinkeIn...?" Die Kinder werden dazu angehalten, Ihre Hausaufgaben mit dem Internet zu machen und sich dazu über SchülerVZ auszutauschen. Aus Sicht der Lehrer und Eltern zunächst gut. Aber aus Sicht der Dienste sinkt damit der kritische Umgang mit denselben. Es werden auch künftig Dienste durch Übernahmen zusammenwachsen. Wer also heute aufteilt, hat plötzlich alles in einem Profil.
Es werden immer Jugendbilder und Bewerbung als Negativbeispiel zusammen gebracht. Das halte ich noch für ein kleines Übel. Vom Personalchef und dem Vorgesetzten können ja ebensolche Bilder im Netz stehen. Vielmehr macht es einen nachdenklich, wie genau mit statistischen Mitteln heute schon das Haushaltseinkommen geschätzt werden kann. Wenn Google und Konsorten auf die Idee kommen, eine Bonitäts-Agentur aufzubauen und Banken Töchter dieser Konzerne werden (PayPal läßt grüßen), haben sie auch Daten zu vielen Verträgen und Finanzdaten. Fehlt nur noch die Info, dass man arbeitslos geworden ist (Gehaltseingang fehlt) und man kann im Netz nichts mehr einkaufen.
Das kann man natürlich auch als Verbraucherschutz sehen. Aber ich habe doch Bedenken. Insbesondere, wenn die Statistik bei einem selbst versagt und man dann das Gegenteil beweisen muss. Ich denke da an die Beispiele, wo Vermieter Schufa-Selbstauskünfte haben wollten und selbige zur Abwertung führte, weil man in den letzten 10 Jahren 3x ungezogen ist. Und das passiert schnell: Studium, Zusammenziehen mit dem/der Freund/in und Umzug wegen Job. Da ist man vielleicht gar nicht mehr soweit von
diesem Pizzadienst entfernt.
Im Übrigen reicht es nicht, sich auszuloggen, wenn man einen anderen Dienst nutzt. Die IP behält man. Oder trennt Ihr Euren Router dann auch vom Netz bzw. rebootet ihn? Wie wird das mit IPv6? Und was ist mit den Cookies und den per Javascript abgefragten Systemdaten? Auch damit lässt sich ein User eindeutig identifizieren.
Auf Facebook mit ihrem Like-Button wird eingedroschen. Aber Werbenetzwerke machen genau das gleiche und können User site-übergreifend tracken. Das macht den Like-Button nicht besser. Aber den versteht Otto Normal.
Und nicht zuletzt sehe ich auch eine Gefahr für unsere Demokratie. Warum? Angeblich hat
Apple mehr Barreserven als der US-Staatshaushalt. Weltweite Konzerne wissen mehr von uns, als unser eigener Staat und sind finanziell stärker als Staaten. Damit gewinnen Konzerne immer mehr Einfluss auf die Politik. Politiker werden Handlanger von Konzernen - wenn sie es nicht schon sind.
Der normale Bürger resigniert und wenn es schlimm genug wird, fließt auch schnell Blut - oder radikale bekommen Oberhand!
Ich weiß, das ist jetzt sehr schwarz gemalt. Aber ich halte das nicht für ausgeschlossen.
Achso: Ich nutze weiter Google. Bei Facebook bin ich mir nicht so sicher. Ich schwanke zwischen "Zeichen setzen" und "aktiver Steuerung der Inhalte". Jedenfalls ist das Thema für mich durchaus wichtig und ich bin erschrocken, wie wenig kritisch selbst junge Erwachsene mit Hochschulbildung aus meinem Dunstkreis sind.
Die Tatsache, dass ich paranoid bin, heißt noch lange nicht, sie seien nicht hinter mir her!