Jan S.
Wenn ich das hier so lese, scheine ich als Minderjähriger(schrecklicher Ausdruck!) im Gegensatz zu Erwachsenen kein Recht auf Erfüllung eines Kaufvertrages zu haben, der ja bereits geschlossen ist, wenn ich mit der Ware zur Kasse gehe...
Dein Gedankengang ist nicht falsch, aber unvollständig. Hier ein paar Hintergrundinformationen zum allgemeinen Verständnis:
Ein Kaufvertrag nach deutschem Schuldrecht besteht aus zwei auf einander bezogenen, inhaltlich korrespondierenden Willenserklärungen, durch welche sich der Verkäufer zur Übereignung [§ 929 BGB] der Kaufsache (Einigung über den Eigentumsübergang und Übergabe der Kaufsache) und der Käufer zur Bezahlung des Kaufpreises und zur Abnahme [§ 433 BGB] der Kaufsache verpflichtet (Nebenpflichten sollen hier der Einfachheit halber unberücksichtigt bleiben). Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft sind aufgrund des Trennungsprinzips im deutschen Recht dabei streng zu unterscheiden und können in ihrer Wirksamkeit unabhängig voneinander sein (Abstraktionsprinzip). Das Eigentum an der Kaufsache geht also nicht bereits durch den Kaufvertrag (Verpflichtungsgeschäft) über, sondern muss durch einen gesonderten Vertrag, das dingliche Verfügungsgeschäft, übertragen werden. Entsprechendes gilt für den Kaufpreis. Nach deutschem Recht kommt es daher bei der Abwicklung eines normalen Barkaufs zu drei Verträgen: (schuldrechtlichem) Kaufvertrag, (dinglicher) Übereignung der Kaufsache und (dinglicher) Übereignung des Geldes.
In Deutschland sind jugendliche vom vollendeten siebten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr beschränkt geschäftsfähig [§ 106 BGB], Rechtsgeschäfte die sie schließen sind schwebend unwirksam, wenn sie nicht mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (i.d.R. die Eltern) geschlossen werden. Eine fehlende Einwilligung kann durch nachträgliche Genehmigung innerhalb von 14 Tagen geheilt werden [§§ 183,184 BGB]. Von diesem Grundsatz ausgenommen sind Willenserklärungen, die für den beschränkt geschäftsfähigen rechtlich lediglich vorteilhaft sind [§ 107 BGB] und Geschäfte die sie mit Mitteln bewirken, die ihnen zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung vom gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung von Dritten überlassen worden sind [§ 110 BGB].
Angewendet auf den Kauf eines Tablet-PC eines beschränkt geschäftsfähigen im Media Markt ergibt sich also folgende Rechtslage:
1. Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags durch Abgabe des Tablets an der Kasse durch den beschränkt geschäftsfähigen: wirksam [das grundsätzliche Recht Verträge zu schließen gilt als rechtlich lediglich vorteilhaft i.S. des § 107 BGB]
2. Annahme des Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrages durch Entgegennahme der Ware durch den Kassierer: wirksam [seine Geschäftsfähigkeit spielt dabei keine Rolle, da der Kassierer in Vertretung für einen Kaufmann (hier: Media Markt) handelt - es könnte sich dabei also auch um einen nicht volljährigen Auszubildenden handeln]
=> Der (schuldrechtliche) Kaufvertrag wurde rechtswirksam geschlossen!
3. Übereignung der Kaufsache durch den Verkäufer durch Herausgabe des Tablets: wirksam [er hat die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über das Gerät und ist zur Eigentumsübertragung berechtigt]
4. Annahme des Tablets durch den beschränkt geschäftsfähigen: wirksam [Eigentumserwerb ist rechtlich lediglich vorteilhaft i.S. des § 107 BGB]
=> Der beschränkt geschäftsfähige ist rechtswirksam Eigentümer des Tablets geworden!
5. Übereignung des Kaufpreises durch den beschränkt geschäftsfähigen:
a) wirksam, wenn die Bedingungen des § 110 BGB erfüllt sind
b) wirksam, wenn die Bedingungen des § 110 BGB nicht erfüllt sind und eine Genehmigung innerhalb von 14 Tagen erfolgt
c) unwirksam, wenn die Genehmigung nicht erfolgt
d) unwirksam, wenn auf die Aufforderung zur Abgabe der Genehmigung geschwiegen wird
6. Annahme des Kaufpreises durch den Verkäufer: wirksam, wenn die Übereignung durch den beschränkt geschäftsfähigen wirksam war, anderenfalls ebenfalls unwirksam.
Jan S.
Ganz abgesehen davon, dass eigentlich die Reife einer Person und nicht ihr Alter über ihre Mündigkeit entscheiden sollte, ist das doch erstmal rechtlich falsch, oder? (Geschlossene Verträge müssen erfüllt werden.)
Ganz recht, pacta sunt servanda! Und wie oben gezeigt, erfüllt der beschränkt geschäftsfähige seine Leistungsverpflichtungen, die er eingehen durfte, auch. In den Fällen 5c) und 5d) wurde rechtswirksam Eigentum von ihm erworben, eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahung des Kaufpreises ist entstanden, kann jedoch nicht dinglich durchgesetzt werden. (Nein, der Grundansatz im BGB, dass der schwächere geschützt werden muss, geht nicht so weit, dass an dieser Stelle die Kette von Rechtsfolgen endet und der Verkäufer sein Gerät verschenkt hat, aber für unser Beispiel soll das nun gelten).
Die geistige Einsicht und Reife von (jetzt verwende ich den Begriff doch noch einmal) minderjährigen spielt durchaus eine Rolle im Rechtsverkehr, nicht bei der Beurteilung der Geschäftsfähigkeit, aber im Falle von schadenstiftendem Verhalten im Rahmen der Delikts- und Straffähigkeit. Analoge Regelungen im Schuldrecht würden meiner Meinung nach die Freiheit von jugendlichen aber einschränken und nicht erweitern.
Jan S.
Ich persönlich bin noch nicht in so eine Situation gekommen, da ich meine Waren mit der freundlichen stillschweigenden Übereinkunft meiner Eltern über meine von meinen Eltern ratifizierte Prepaidkreditkarte bei Amazon oder, wo auch immer sonst bestelle. Eigentlich widerspricht ja auch das schon den AGB von Amazon, da ich in meinem Namen bestelle und gleichzeitig erst 15 bin....
Duch § 110 BGB im Rahmen deines Taschengeldes (zu diesem Zweck, zur freien Verfügung), ... oder aufgrund deiner beschränkten Geschäftsfähigkeit i.V.m. Einwilligung deines gesetzlichen Vertreters ein ganz störungsfreies Rechtsgeschäft. Sowohl bei Amazon als auch im Media Markt.