Saudi-Arabien versucht, seine Abhängigkeit vom für den Wohlstand des Landes so wichtigen Erdöl durch Investitionen in andere Branchen zu reduzieren. Auch das Gaming ist dabei schon länger in den Blick der Investoren vom Golf geraten.
Bereits Anfang des Jahres machte der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) mit der Übernahme des Spielebereichs von Niantic – bekannt für die Augmented-Reality-Spiele Ingress und Pokémon Go – von sich reden. Nun folgt ein weiterer Paukenschlag: Zusammen mit den Investmentfonds Silver Lake und Affinity Partners – Letzterer wurde von Jared Kushner, dem Schwiegersohn des US-Präsidenten Donald Trump, gegründet – wird Electronic Arts (EA) vollständig übernommen. Zuvor hielt der PIF bereits 9,9 Prozent der Anteile.
Die drei Investmentgesellschaften zahlen insgesamt 55 Milliarden US-Dollar bzw. 210 US-Dollar pro Aktie, was einem Aufschlag von 25 Prozent gegenüber dem Aktienkurs vom 25. September entspricht – und damit die weltweit teuerste Übernahme in der Gaming-Branche überhaupt darstellt.
Mega-Investition in Sportspiele?
Der Spieleentwickler gehört zu den größten weltweit und bringt eine Vielzahl von AAA-Titeln heraus, die zu den beliebtesten Games auf Konsolen und PCs rund um den Globus zählen. Dazu gehören insbesondere die EA SPORTS-Serie mit diversen Ablegern wie den regelmäßig neu aufgelegten FC- (ehemals FIFA), NHL- oder F1-Spielen, die mit jeder Ausgabe hohe Verkaufszahlen erreichen – aber auch Klassiker wie Battlefield und die Sims-Serie.
Mit dem Geld der drei Investoren soll Electronic Arts demnach weiter vorangebracht werden. Diese sehen vor allem weltweit weiteres Potenzial für künftiges Wachstum, an dem sie langfristig teilhaben wollen. Einzelheiten zu den künftigen Plänen wurden jedoch nicht genannt.
Gaming-Industrie unter Druck
Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Hoffnungen erfüllen, die mit dieser enormen Investition verbunden sind. Zuletzt stagnierten die Umsätze von EA – seit 2022 liegen sie bei rund 7 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Und das betrifft nicht nur diesen Entwickler.
Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz der gesamten Branche um gerade einmal 0,2 Prozent auf 184,3 Milliarden US-Dollar. Die Hälfte davon entfiel allerdings auf Handyspiele, die für EA nur eine untergeordnete Rolle spielen. Auch die für den Entwickler wichtigen Spielkonsolen PlayStation 5 und Xbox verkaufen sich derzeit schleppend. So nahm zuletzt etwa der Einzelhandelsriese Costco die Microsoft-Konsole aus dem Sortiment. Zudem mussten zuletzt auch andere Branchengrößen Probleme vermelden. Im März verkündete Ubisoft eine Kooperation mit dem chinesischen Gaming-Spezialist Tencent, der mit dem Schritt 25 Prozent der Anteile übernahm.
Abzuwarten bleibt, was diese Übernahme für die Gamer bedeuten wird. Die Investitionen sollen sich schließlich für die Geldgeber rechnen.
Bei Investitionen stellt sich immer die Frage "Buy on bad news" oder doch lieber "Never catch a falling knife"?
Für ein finanzkräftiges Land wie Saudi-Arabien, das sich diversifizieren will, vom Öl- und Gasgeschäft langfristig unabhängiger werden will, dürfte die erste Strategie nicht unbedingt die schlechtere sein, auch wenn kurz- oder mittelfristige Verluste oder sogar ein Totalverlust durchaus möglich sind. Die Gelegenheit überhaupt an solche Beteiligungen zu einigermaßen aktzeptablen Preisen zu kommen ist jetzt gegeben. Für einen langfristig denkenden Investor wie Saudi-Arabien muss sich doch eher die Frage stellen, ob die Spieleindustrie oder andere Industrien, in die das Land ebenfalls investiert, eine Zukunft hat, ob sich Menschen in großer Zahl in 20 oder 30 Jahren z.B. noch für Spiele begeistern. Zwar kann wohl niemand solche Fragen mit Sicherheit beantworten und Investitionen bleiben mit Risiko verbunden, doch meiner Meinung nach spricht mehr dafür als dagegen. Der technische Fortschritt wird, hoffentlich, nicht nur Menschen im.Westen zu mehr Freizeit bei trotzdem gutem Einkommen verhelfen, auch riesen Märkte wie China oder Indien dürften davon profitieren. Dies könnte dem Spielemarkt, aber z.B. auch der Tourismusindustrie zugute kommen, für die Ölemirate auch massiv in Werbung zu investieren scheinen. Die Leute müssen irgend etwas Sinnvolles mit ihrer Freizeit und ihrem Geld anstellen.
Langfristig denkende Investoren sind aber auch für die Zielindustrien positiv zu sehen. Sie werden eher bereit sein in Krisenzeiten neues Geld locker zu machen, als Investoren, die nur am kurzfristigem Gewinn interessiert sind, und dafür auch bereit, ihr Investment zu filetieren. Meiner Meinung nach ergibt sich also durchaus eine Win-Win-Situation.
Die in diesem Beitrag gemachten Einschätzungen sind nur meine persönliche Meinung. Sie können und sollen keine Anlageberatung sein.