Topthemen

Der beste Song des Jahres – aber irgendwas stimmt mit dieser Band nicht

nextpit the velvet sundown
© The Velvet Underground (KI-optimiert von nextpit)

In anderen Sprachen lesen:

Der musikalische Hype des Rock-Sommers 2025 heißt wohl: The Velvet Sundown! Die Jungs klingen wie eine Rockband aus den Siebzigern, haben aber erst im Juni 2025 ihr erstes Album veröffentlicht ... und auch ihr zweites. Vieles an dieser Band ist mysteriös, manches gar verdächtig. Sherlock Drees macht sich an die Arbeit und geht der Sache auf den Grund. 

Ich bin so richtig in Festival-Stimmung: Es ist Sommer, wir haben 36 Grad Hitze und die Liebe für Musik treibt mich eh immer an. Da kommen mir "The Velvet Sundown" gerade recht. Wie eine frische Sommerbrise weht diese Band derzeit durch meine Social-Media-Feeds. Ich höre gerade ihre aktuelle Single "Dust on the wind" auf Spotify und der Song erinnert mich daran, dass ich jetzt gerne mit Freunden und einem Kaltgetränk im Festival-Infield stehen würde.

The Velvet Sundown – das ist ihr Geheimnis

Ich habe direkt auch einen ihrer Songs in eine meiner Playlists gepackt, und klar: Sie tauchen auch in offiziellen Spotify-Playlists auf. Da ist es kein Wunder, dass eine Band, die diesen Monat quasi aus dem Nichts die Weltbühne betrat, bereits jetzt über 600.000 regelmäßige Hörer:innen beim größten Musik-Streaming-Service der Welt hat. 

Der Blick in die Band-Biografie auf Spotify verrät uns die Namen der vier Bandmitglieder, aber insgesamt bleibt die Band mysteriös. Was haben die vier Jungs vorher getrieben? Woher kommt die Band? Fragen, die nicht geklärt werden. Der Schluss des Textes klingt dann irgendwie verdächtig: 

The Velvet Sundown versuchen nicht, die Vergangenheit wiederzubeleben. Sie schreiben sie neu. Sie klingen wie die Erinnerung an eine Zeit, die es nie gegeben hat … und schaffen es trotzdem, sie fühlbar echt erscheinen zu lassen.

Eine Zeit, die es nie gab? Vergangenheit neu schreiben? Spätestens jetzt ahnt Ihr vermutlich, wohin die Reise geht. Ja, diese Band existiert nicht wirklich. Der Blick auf den Instagram-Kanal offenbart beispielsweise sehr offensichtlich KI-generierte Bilder. 

Tatsächlich ist es so, dass mir vermutlich wirklich irgendwann aufgefallen wäre, dass hier irgendwas nicht stimmt. Das die Stimme nicht immer hundertprozentig konsistent wirkt und der Sound manchmal verdächtig breiig. Es waren aber Artikel wie bei Consequence, die mich direkt auf die Spur brachten. Aber ja: Allen Anschein ist The Velvet Sundown eine Band, die ihre Existenz komplett künstlicher Intelligenz verdankt. Auch der großartige Rick Beato hat sich bereits Gedanken zur Band gemacht:

Wieso, Spotify?

Mit diesem neuen Blick auf die "Band" stellen sich mir Fragen. Vorneweg: Wie lange haben wir überhaupt noch eine Chance zu erkennen, ob Musik KI-generiert ist. Und wie lange werden wir das schlimm finden? Es gibt erste Studien, die davon ausgehen, dass sich KI-Musik schon bis 2028 ein Viertel des Musikkuchens einverleibt. Wir sprachen ja auch im Casa-Casi-Podcast bereits mehrfach über das Phänomen KI-Musik. Hört gerne in die Folge rein, in der wir zu dem Schluss kamen, dass echte Musik dennoch niemals durch KI ersetzt wird:

 

Ich schrieb vor einer Weile ja auch darüber, dass ich fürchte, dass wir alle höchstpersönlich geholfen haben, der KI-Musik die Tür zu öffnen. Dennoch frage ich mich jetzt, wieso Streaming-Giganten wie Spotify oder Apple Music nicht einmal in der Lage sind, KI-generierte Musik zu kennzeichnen. Ich glaube, lediglich Deezer tut sowas derzeit. 

Und wie sieht das eigentlich rechtlich aus? Wir wissen ja nicht nur nichts über die "Künstler" hinter der Band. Auch zur technischen Umsetzung gibt es keinerlei Anhaltspunkt. Möglich, dass hier mit Udio, Suno, Riffusion oder ähnlichen Tools gearbeitet wurde. Aber ob die Ersteller der Songs deshalb die Rechte an den Songs haben und damit offiziell Geld erwirtschaften dürfen, ist derzeit nicht klar.

Schreibt mir doch dazu gerne mal in die Kommentare, was Ihr denkt: Sollte es KI-Labels für diese Art Musik geben? Sollte KI-Musik überhaupt eine Daseinsberechtigung auf Plattformen wie Spotify genießen? Oder habt Ihr vielleicht sogar längst Euren Frieden damit gemacht, dass diese Musik existiert und zumindest in Teilen "echter" Musik den Rang abläuft?

Ein fetter Bluff?

Irgendein Teil in mir, der ein bisschen auf Verschwörungstheorien steht, hat mir einen ganz anderen Gedanken ins Gehirn gepflanzt, den ich Euch abschließend nicht vorenthalten möchte: Was, wenn das alles Absicht ist? Also die teils generischen Lyrics, die Sound-Indizien, die auf KI hinweisen, die sehr offensichtlichen KI-Bilder und all das? Was, wenn wir an der Nase herumgeführt werden? 

Ich muss an Nirvana denken, die ein sehr rohes Debütalbum ablieferten, dann aber mit Nevermind etwas ganz anderes. Auf den ersten Blick ist es immer noch laut und roh und echt, auf den zweiten Blick ist es hochprofessionell produzierte und auf Hochglanz polierte Musik, die auf Garagen-Band macht. 

Nirvana klangen 1991 wie der dreckige Aufschrei einer neuen Generation – dabei war Nevermind so glatt produziert wie ein Bryan-Adams-Album. Heute könnte The Velvet Sundown genau andersherum funktionieren: Musik, die viel zu emotional, zu warm und zu stilsicher klingt, um wirklich von einer Maschine zu stammen – und die genau deswegen so verpackt wurde. Vielleicht haben wir es nicht mit der ersten KI-Rockband zu tun, sondern mit der ersten Band, die so tut, als sei sie eine. Der perfekte Bluff für das Streaming-Zeitalter. Wieso? Weil die Chance auf einen viralen Hit und auf eine Karriere vielleicht so einfach größer ist. 

Beste Smart TVs 2024

  Bester OLED-TV 2024 Bester QLED-TV 2024 Preis-Leistungs-Tipp
Gerät
Abbildung LG OLED evo 55G4 Product Image Sony Bravia 65X95L Product Image Hisense 55E7KQ Pro Product Image
Preisvergleich
Zu den Kommentaren (5)
Carsten Drees

Carsten Drees
Senior Editor

Fing 2008 an zu bloggen und ist irgendwie im Tech-Zirkus hängengeblieben. Schrieb schon für Mobilegeeks, Stadt Bremerhaven, Basic Thinking und Dr. Windows. Liebt Depeche Mode und leidet mit Schalke 04.

Zum Autorenprofil
Hat Dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!
Empfohlene Artikel
Neueste Artikel
Push-Benachrichtigungen Nächster Artikel
5 Kommentare
Neuen Kommentar schreiben:
Alle Änderungen werden gespeichert. Änderungen werden nicht gespeichert!
Neuen Kommentar schreiben:
Alle Änderungen werden gespeichert. Änderungen werden nicht gespeichert!

  • 104
    Tenten vor 3 Wochen Link zum Kommentar

    Ich finde es spannend. Wenn wir so früh bereits nicht mehr unterscheiden können, was von Menschen gemacht wurde und was von einer KI, was für spannende Produkte dürfen wir erst in den nächsten Jahren erwarten? Da brauch ich dann auch kein Spotify mehr, weil meine personalisierte KI mir einfach eigene Songs schreibt.

    Fabien RöhlingerCarsten Drees


    • Carsten Drees 30
      Carsten Drees
      • Staff
      vor 3 Wochen Link zum Kommentar

      Als Depeche-Mode-Fan seit über 40 Jahren gehe ich noch einen Schritt weiter: "Meine" Band klingt nicht mehr so, wie noch vor X Jahren oder bei Album Y? Dann lass ich mir eben die Alben mit exakt diesem Stil und natürlich der nahezu originalen Stimme basteln und bin glücklich bis in alle Ewigkeit.

      Deswegen war meine essenzielle Erkenntnis dieser Geschichte um The Velvet Sundown die, dass wir uns heute schön über diesen künstlich erzeugten Scheiß aufregen können – aber damit auch nicht verhindern, dass die Akzeptanz für KI-Musik bei dieser Entwicklung der Technologie schneller kommt, als wir es uns ausmalen.

      Als absoluter Musikliebhaber bin ich natürlich beunruhigt, weil davon auszugehen ist, dass eine KI-Musikschwemme auf sehr viele reale Künstler:innen einen realen und vermutlich negativen Impact haben wird. Gleichzeitig finde ich es aber auch hoch spannend, was da künftig passiert.

      Tenten


      • 104
        Tenten vor 2 Wochen Link zum Kommentar

        "Dann lass ich mir eben die Alben mit exakt diesem Stil und natürlich der nahezu originalen Stimme basteln und bin glücklich bis in alle Ewigkeit."

        Und nicht nur das, du kannst dir auch alle deine Lieblingssongs von DM in einem völlig anderen Stil anhören, das kann auch sehr spannend sein. Das ist etwas, das ich bei Spotify sehr oft mache. Wenn mir ein Song gefällt, suche ich mir diesen von anderen Interpreten und höre mal, was die daraus gemacht haben. Durchaus spannend und hat mich zu der Erkenntnis gebracht, dass es keinen schlechten Song gibt, sondern nur schlechte Interpretationen. Da bietet KI in Zukunft viele Möglichkeiten, altbekannte Lieder komplett neu entdecken zu können. Wie hätten sich zum Beispiel DM entwickelt, wenn Vince Clarke geblieben wäre? Oder wenn Frank Tovey (Fad Gadget) als Sänger eingestiegen wäre? Ich glaube, gerade für Fans bietet KI ganz neues Material.

        Carsten Drees


      • Carsten Drees 30
        Carsten Drees
        • Staff
        vor 2 Wochen Link zum Kommentar

        Komplette Zustimmung für alles :) Nirvanas "Rape me" muss man einfach auch in der Version von Richard Cheese gehört haben ^^
        Aber eine Sache nehme ich Dir schon übel: Dass Du glaubst, mich drauf hinweisen zu müssen, dass Frank Tovey Fad Gadget ist ;)

        Tenten


      • 104
        Tenten vor 2 Wochen Link zum Kommentar

        Ah, immer wieder schön, wenn den Guten noch jemand kennt :)

        Carsten Drees

Neuen Kommentar schreiben:
Alle Änderungen werden gespeichert. Änderungen werden nicht gespeichert!
VG Wort Zählerpixel